Gänsehaut-Moment beim CHIO
Legendenpferd Bella Rose: Isabell Werth weint zum Abschied
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Gänsehaut-Moment beim CHIO
Legendenpferd Bella Rose: Isabell Werth weint zum Abschied
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Niemand kann die Qualitäten eines Pferdes besser beschreiben als die ARD-Reporterlegende Carsten Sostmeier. Als Bella Rose ihrer Reiterin Isabell Werth vor drei Jahren das schönste Geschenk zum 50. Geburtstag machte, den Sieg beim CHIO, schwärmte der Pferdesport-Poet von der "gazellenhaften Tänzerin" und "Weltklasse pur". Und weil Carsten Sostmeier ein so feiner Beobachter ist, der sogar leichte Schwächen in der Galoppade erkennt, lohnt Widerspruch nicht. Bella Rose ist eines der größten Dressurpferde aller Zeiten - und nimmt nun Abschied.
"Bella ist eben Bella"
Noch einmal tanzte die 18-jährige Stute am Freitagabend durch das legendäre Viereck im Dressurstadion der Aachener Soers. Noch einmal zeigte dieses faszinierende Traumpaar der Dressurszene jene beeindruckende Kür, mit der sie an Werths Jubiläumstag den Großen Preis von Aachen gewonnen hatten. In perfekter Harmonie zu den Klängen von "Freude schöner Götterfunken" piaffierte und passagierte Bella Rose leichtfüßig wie eh und je, die Pirouetten drehte sie mit punktgenauer Perfektion. Altersschwäche? Nicht bei der Grande Pferde-Dame!
"Sie sollte wahrscheinlich besser am Sonntag im Großen Preis gehen als am Freitag bei der Abschiedsgala", sagte Isabell Werth vor dem letzten Tanz: "Aber es ist okay, wie es ist." Und obwohl sich die Dressur-Ikone auf diesen Moment lange einstellen konnte, wurde sie nach dem finalen Ritt vor 5000 Zuschauern von den großen Gefühlen und ihren Tränen übermannt. "Ich kann nicht sagen, was es mir bedeutet, Bella mit dieser Würde und in dieser Form hier verabschieden zu können", sagte die 52-Jährige. Sie und die Stute, das war über Jahre die perfekte Symbiose von Mensch und Tier. Eine Beziehung, die es nur ganz selten gibt. "Bella ist eben Bella", pflegt Werth stets zu antworten, wenn sie erklären soll, was denn nun eigentlich das Besondere an diesem Pferd ist.
In der Vita der Erfolgsreiterin mangelt es nicht an großartigen Pferden. Da war etwa der schon 2009 verstorbene Hannoveranerwallach Gigolo, mit dem Werth 1996 in Atlanta ihr bisher einziges Olympiagold im Einzel gewann. Da war aber auch Satchmo, ihr "schwierigstes, aber auch wichtigste Pferd". Mit seinen Eskapaden kostete er Werth 2008 in Hongkong den zweiten Einzel-Olympiasieg, schenkte ihr aber ihr Mannschaftsgold sowie einen WM- und EM-Titel. Und dann war da noch die zuverlässige Weihegold.
Verletzungsschock und Super-Comeback
Aber niemand war wie Bella Rose. Wie dieses Legendenpferd. Die besten Eigenschaften all ihrer Pferde sah die 52-Jährige in der Stute vereint. Und wenn man das so sagen kann, dann hat sich Werth in Bella Rose verliebt. Es war Liebe auf den ersten Blick. In Klaus Lages Worten hat es "zoom gemacht." Werth selbst sagte, der Blitz habe bei ihrer ersten Begegnung eingeschlagen. Das war 2007 in einer Reithalle, Bella war drei Jahre alt. "Ich hatte eine Gänsehaut und wusste: Das muss mein Pferd werden", erzählte Werth einst der "Süddeutschen Zeitung".
Es musste nicht nur Werths Pferd werden, es wurde es auch. Die Mäzenin und enge Freundin Madeleine Winter-Schulze kauft die junge Stute und gibt sie in die Verantwortung der Dressur-Legende. Die lehrt Bella Rose das Reitwerk im Viereck und macht sie zu einem der besten Pferde der Geschichte. Der Sportinformationsdienst schrieb zuletzt in Sostmeier'scher Schönheit: "Federleicht wie ein Schmetterling, elegant wie eine Ballerina, kraftvoll wie eine Modellathletin tanzt die Stute durch das Viereck."
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Doch der märchenhafte Aufstieg muss einen krachenden Schock verkraften. Bei den Weltreiterspielen 2014 lahmt das Pferd. Eine Huflederhautentzündung macht ihr zu schaffen. Auf das Mannschaftsgold in Caen folgt eine ewig anmutende Ausfallgeschichte, ein schneller Comebackversuch scheitert. Bella verpasst die besten dreieinhalb Jahre eines Dressurpferdes. Doch Isabell Werth will sie nicht aufgeben, sie bleibt dran, versucht alles, geht jeden Weg, konsultiert unzählige Tierärzte und Therapeuten. Und hat am Ende Erfolg. Bei der WM 2018 in Tryon holt sie mit Bella zwei Goldmedaillen und lässt den Tränen der Rührung ungehemmt freien Lauf. Ein Jahr später kommt noch dreimal Gold bei der EM in Rotterdam hinzu, 2021 Gold und Silber bei Olympia in Tokio.
Während Bella Rose nun Mitglied der vierbeinigen "Rentner-Gang" auf Werths Anwesen in Rheinberg wird, kündigte die erfolgreichste Reiterin der Geschichte bereits neue Großtaten an. "Wir sind jetzt gerade im Aufbau und arbeiten daran, Sie alle schon bald mit neuen jungen Pferden begeistern zu können", versprach sie dem Aachener Publikum. Quantaz und Superb sind Werths aktuelle Championatspferde, daheim im Stall steht unter anderem noch der hochveranlagte siebenjährige Hengst So Unique. Im Nationenpreis von Aachen startet die siebenmalige Olympiasiegerin am Samstag mit Quantaz im Grand Prix Special. (tno)